Interkultureller Förderpreis vergeben
Wolfegg, 7. August 2018 – Die Projekte „Rent a Jew“ und NEW HAMBURG sind die diesjährigen Gewinner des mit je 1000 Euro dotierten Förderpreises für interkulturellen Dialog. Die Pill Mayer Stiftung aus dem oberschwäbischen Wolfegg (bei Ravensburg) hatte den Preis in diesem Jahr bereits zum dritte Mal ausgeschrieben. Die Stiftung fördert damit beispielhafte interkulturelle Kulturprojekte, die den interkulturellen Dialog fördern. Insgesamt 23 Projekte aus dem In- und Ausland hatten sich darum beworben.
„Mieten Sie einen Juden!“ – Provokanter Slogan für direkte Begegnung
Beim Projekt „Rent a Jew“ besuchen ehrenamtlich tätige Referenten Institutionen, um miteinander zu reden – nicht übereinander. Die Begegnung von Mensch zu Mensch soll Vorurteile entkräften und Antisemitismus entgegen wirken.Rent a Jew
Dem Projekt mit dem provokanten Titel „Rent a Jew“ („Miete einen Juden“) geht es darum, über Begegnung Verständnis füreinander zu schaffen und Vorurteile abzubauen und Antisemitismus entgegen zu treten. Dies geschieht durch den Besuch von jüdischen Referenten in Institutionen wie Schulen, Kirchengemeinden oder Jugendhilfe-Einrichtungen. Denn die Wenigsten hierzulande kennen einen Juden persönlich. Die ehrenamtlich tätigen Referenten sind „normale Menschen von nebenan“ mit ihren ganz persönlichen Geschichten und Meinungen, offen für Fragen und Diskussionen. Sie schaffen durch ihren Besuch einen intensiven und direkten Austausch zwischen jüdischen und nichtjüdischen Menschen vor Ort. Die direkte Begegnung soll effektiv zu einer dauerhaften Änderung von Einstellungen führen: Die stereotype Wahrnehmung „der Juden“ soll dem Bewusstsein weichen, dass jüdische Menschen Individuen mit unterschiedlichen Einstellungen zu politischen und religiösen Themen und mit unterschiedlichen persönlichen Lebensentwürfen sind.
„Rent a Jew“ wirbt mit dem augenzwinkernden und provokativen Slogan „Kennen Sie einen Juden? Nein?! Mieten Sie einen!“ So wollen die Projektverantwortlichen ihr Ziel erreichen, miteinander statt übereinander zu reden, um auf menschlicher Ebene zueinander zu finden. Somit baut „Rent a Jew“ nachhaltige Brücken für einen Dialog. Das Projekt „Rent a Jew“ ist unter dem Dach der Europäischen Janusz Korczak Akademie angesiedelt.
NEW HAMBURG: Über Kultur Nationen und Religionen zusammengebracht
Beim Projekt NEW HAMBURG geht es darum, Menschen unterschiedlichster Nationalität, Religion, Kultur und Herkunft über kulturelle Veranstaltungen zusammenzubringen – wie hier beim interkulturellen Theaterprojekt Iphigenie.Christian Bartsch
Auf einer Hamburger Elbinsel haben das Deutsche Schauspielhaus Hamburg, der Evangelisch-Lutherische Kirchenkreis Hamburg-Ost und die Kirchengemeinde Veddel gemeinsam das Projekt NEW HAMBURG gestartet mit zahlreichen kulturellen, sozialen und gastronomischen Veranstaltungen. Dabei entstehen Angebote zwischen Hoch-, Sozio- und Subkultur. Inmitten eines von Migration und vielen Religionen geprägten Stadtteils – hier leben rund 5000 Menschen aus über 60 Nationen – ist NEW HAMBURG ein rege besuchtes Forum für ein buntes Publikum. Als Gemeinschaftsprojekt greift NEW HAMBURG Themen, Probleme und Ideen auf, mit denen die Menschen konfrontiert sind. Damit schafft das Projekt einen Ort, der von neuen Begegnungen, vertrauensvollem Miteinander und Gastfreundschaft geprägt ist.
Bei den regelmäßigen künstlerischen Veranstaltungsformaten kommen Menschen zusammen, die sich sonst vielleicht nicht begegnen oder angesprochen fühlen würden: Alteingesessene und Geflüchtete, Festland- und Inselbewohner und viele mehr mit unterschiedlichsten Bildungs-, Berufs- oder kulturellen Hintergründen. Kirche und Stadttheater öffnen sich ganz bewusst diesem breiten Publikum.
Beeindruckende Vielfalt der Bewerbungen – gleich zwei Preise ausgeschrieben
23 Projekte hatten sich in diesem Jahr um den Förderpreises der Pill Mayer Stiftung beworben. Dabei reichte die Spanne der Bewerber von London über Berlin bis Wien. Anträge kamen außerdem aus Bamberg, Bodnegg, Bonn, Glückstadt, Hamburg, Kassel, Köln, Krumbach (Schwaben), Limburg, München, Neuss, Oberhausen, Schwandorf, Stolberg und Stuttgart. Die Bewerbungen zeigen die gesamte Breite künstlerisch-kreativen Schaffens, darunter interkulturelle Theater-Workshops, Filmprojekte, Hörcollagen, Konzerte, Medien- und Bildungsarbeit, Generationendialog und internationalen Austausch. Das gemeinsame Ziel, das alle Projekte eint, ist „der Glaube an eine bessere Zukunft, in der Menschen einander vorurteilsfrei begegnen“, wie es ein Bewerber treffend formulierte.
„Wir staunen und sind beeindruckt von dem vielfältigen, kreativen und hohen Engagement, das hier sichtbar wird“, so die Stiftungsgründerin Irene Pill. Und da die Qualität der Bewerbungen derart überzeugend gewesen sei, habe sich das Kuratorium entschieden, in diesem Jahr gleich zwei Auszeichnungen zu vergeben.
Hintergrund: Die Pill Mayer Stiftung
Seit 2011 fördert die Pill Mayer Stiftung interkulturelle Kulturprojekte für Kinder und Jugendliche. Die Stiftung unterstützt die Freude am Entdecken kultureller Vielfalt und setzt sich für interkulturelles Lernen ein. Damit trägt sie zur respektvollen, bereichernden Begegnung mit Menschen aus anderen Kulturen und zu einem positiven Miteinander bei. Ideenreiche Kulturarbeit soll Brücke zwischen Kulturen sein.
Seit 2015 verleiht die Stiftung mit ihrem Förderpreis beispielhafte interkulturelle Kulturprojekte, die den interkulturellen Dialog fördern. Im Jahr 2014 rief die Stiftung die „Interkulturelle Bücherbox“ ins Leben. Bücher fördern den interkulturellen Dialog unter Kindern und Jugendlichen und vermitteln Freude am Lesen.