"Nur wenige orientieren ihre Arbeit so radikal an den Wünschen der Stifterinnen und Stifter"
Herr Buck, Sie wurden 2009 als Geschäftsführer von Lebenswerk Zukunft bestellt. Was hat Sie an der Aufgabe gereizt?
In meiner Tätigkeit als Caritas-Regionalleiter verfolgte ich die Entstehung von Lebenswerk Zukunft mit großem Interesse. Für mich war das von Anfang an ein sehr guter Ansatz, die Arbeit der Caritas besser mit anderen Akteuren der Zivilgesellschaft zu verknüpfen. Diesen Grundgedanken weiterzuentwickeln war eine große und schöne Aufgabe.
Worin bestanden die ersten Herausforderungen?
Zunächst war das Erfreuliche: Die Grundstrategie und die Basis der Kommunikation (zum Beispiel auch der Name) waren und sind sehr gut und richtig. Darauf konnten wir aufbauen. Auch deshalb ist Lebenswerk Zukunft sehr schnell gewachsen. Nicht entsprechend mitgewachsen ist aber zum Beispiel die Verwaltung. Deshalb war ein Schwerpunkt meiner ersten Zeit die Professionalisierung der Strukturen in den Bereichen Digitalisierung, Qualitätsmanagement oder dem Aufbau von Datenbanken.
Was hat sich in der Kommunikation verändert?
Auch hier mussten wir auf veränderte Anforderungen reagieren. Auch ältere Interessierte informierten sich zu großen Teilen im Internet. Wir legten also einen Schwerpunkt auf digitale Informationen.
Auch vor dem Hintergrund meiner Erfahrungen verstärkten wir zudem die Kommunikation in die verbandlichen Strukturen der Caritas in den Regionen. Nur wenn die Idee von Lebenswerk Zukunft dort mitgetragen und von dort aus weiterverbreitet wird, können wir erfolgreich sein.
Welche inhaltlichen Weiterentwicklungen waren Ihnen wichtig?
Vor allem in der Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren und der Caritas in den Regionen sind in kurzer Zeit viele Kinderstiftungen entstanden. Diese hatten immer zum Grundprinzip, dass die Caritas zwar den Anstoß gegeben hat, die Kinderstiftungen aber immer eingebettet sind in ein enges Netz von anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren. Die Caritas kann so ihren Grundauftrag, Menschen zu ihrer Selbständigkeit zu begleiten, auf eine ganz besondere Weise miterfüllen. Sie motiviert und hilft anderen dabei, sich dafür zu engagieren, die Lebensbedingungen von Menschen zu verbessern. Dies wird die Caritas nie alleine schaffen, sondern nur im Verbund mit anderen. Und Stiftungen können hier ein besonders wirksamer Hebel sein. Deshalb sind Stiftungen auch bedeutend mehr als ein Fundraising-Instrument für den Caritasverband.
"Stiftungen können auch schwierige Jahre aushalten"
Was ist auch aus heutiger Sicht das Besondere an Lebenswerk Zukunft?
Ich war auf Bundesebene beim Bundesverband Deutscher Stiftungen aktiv. Unter anderem auch in der Jury, die das anspruchsvolle Siegel für eine gute Treuhandverwaltung vergab, das ja auch Lebenswerk Zukunft tragen darf. Deshalb kenne ich viele Konzepte und die Praxis von Treuhändern, die Stiftungen verwalten. Nach meinem Eindruck gibt es aber bundesweit nur wenige, in denen die Arbeit so radikal an den Wünschen der Stifterinnen und Stifter orientiert wird. Sie stehen im Mittelpunkt und ihre Erfolge werden nicht auf den Treuhänder, also hier indirekt die Caritas abgeleitet. Das ist in der Konzeption so angelegt und wird auch sehr konsequent gelebt.
Was waren die Höhepunkte in der Zeit Ihrer Tätigkeit?
Zunächst ist jede Stiftungsgründung ein Höhepunkt, denn damit findet eine Person oder eine Organisation einen für sich passenden Weg, sich langfristig wirksam sozial zu engagieren. Eine besondere Stiftung ist für mich nach wie vor die aus Wasseralfingen, in der sich eine große Gruppe aus einer Kirchengemeinde auf den Weg gemacht hat, dauerhaft sozial tätig zu werden. Und natürlich war es schon fast spektakulär, dass die Gründerinnen und Gründer der Kinderstiftung Ulm/Donau-Iller unser Angebot so überzeugend fanden, dass sie uns einen siebenstelligen Betrag anvertrauten.
Sie konnten also ein gut bestelltes Haus übergeben?
"Haus" ist ein gutes Stichwort, denn auch angesichts der lang anhaltenden Niedrigzinsphase schien es ein guter Weg zu sein, verstärkt mit Immobilien zu arbeiten. Denn wenn Wohnraum vermittelt wird, hilft dies sehr konkret einer einzelnen Person oder einer Familie. Und es gibt immer wieder auch Eigentümer von Immobilien, die diese gerne einem sinnvollen Zweck zuführen würden. Aber auch hier mussten erst die strukturellen Voraussetzungen geschaffen werden, damit wir in dieses komplexe Feld einsteigen konnten. Dies konnte ich am Ende meiner Zeit noch auf den Weg bringen. Der Erfolg, der damit in den letzten Jahren erreicht wurde, bestätigt diese Einschätzung. Diese Aufgabe habe ich also meiner Nachfolgerin übergeben. Und sie konnte dies auch angehen, weil Lebenswerk Zukunft eine sehr gute Basis hatte und weiterhin hat.
Was würden Sie anderen raten, die sich im Bereich von Stiftungen engagieren?
Das wichtigste Merkmal von Stiftungen ist die langfristige Wirkung. Stiftungen sind beständig da, auch in Zeiten von Krisen und großen Schwankungen. Deshalb können sie auch schwierige Jahre - beispielsweise mit niedrigen Zinsen oder Inflation - aushalten. In Stiftungen weiß man, dass diesen Zeiten auch gute Jahre folgen werden. Insgesamt rate ich zu großem Selbstbewusstsein. Stiftungen sind wichtige Akteure für den Zusammenhalt einer Gesellschaft. Diesen kann der Staat nicht herbeizaubern, sondern er wird vor allem durch zivilgesellschaftliche Aktivitäten erreicht. Dabei können Stiftungen eine wichtige Rolle spielen.
Michael Buck war in der Zeit von 2009 bis 2017 Geschäftsführer und von 2017 bis 2021 Vorstand von Lebenswerk Zukunft. Er leitet die Verbandsentwicklung im Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart.
In einem ersten Gespräch schilderte Thomas Reuther die Phase der Gründung.